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Ein wichtiges Tool in Jüngerschaftsbewegungen ist das Entdecker-Bibelstudium. Dabei liest man gemeinsam – am besten mit einer Gruppe – einen Bibeltext und ermutigt jeden durch einfache Fragen, von Gott zu hören, das Gelernte umzusetzen und an andere weiterzugeben. Auf diese Weise lernen Interessierte, Jesus kennen und fangen an ihm nachzufolgen.
Die Frage ist: Wie komme ich denn überhaupt mit jemanden an den Punkt gemeinsam in der Bibel zu lesen? Paul Watson – Autor von “Anstecke Jüngerschaft” – bringt hier die sogenannten „Entdecker-Gespräche“ ins Spiel. Aber was genau ist das?
Zunächst einmal kann es hilfreich sein sich drei Kategorien von Gesprächen anzuschauen:
  1. Normale Gespräche – z.B. Smalltalk, Reden über das Wetter, das aktuelle Weltgeschehen, Befindlichkeiten, etc.
  2.  Tiefergehende Gespräche – wir reden offen, ehrlicher und machen uns ein Stück weit verletzlich, z.B. reden wir über Gefühle, innere Motivationen, persönliche Erlebnisse, etc.
  3. Geistliche Gespräche – wir bringen Jesus ins Spiel, erzählen von unseren Erfahrungen mit Jesus oder teilen was wir glauben z.B. mithilfe einer Evangeliums-Präsentation.
Ein Entdecker-Gespräch möchte weiter gehen als ein geistliches Gespräch und anstatt über unsere persönliche Meinung oder unsere Erfahrung mit Gott, teilen wir dabei stattdessen eine Wahrheit oder eine Geschichte aus der Bibel und laden unser Gegenüber ein, offen mit uns darüber zu reden.

Wir brauchen mehr geistliche Gespräche – keine Frage. Aber wir dürfen dabei nicht den Fehler begehen, nur noch von unserer Geschichte, als von Gottes Geschichte(n) zu reden (2 Kor 4:5). Unsere Geschichte kann Menschen neugierig machen, aber nur Gottes Geschichte(n) bringt neues Leben hervor.
Ist es nicht interessant, dass Jesus ständig in Gleichnissen redete? (Markus 4:33-34) Ein Großteil der Bibel ist in Geschichtsform geschrieben. Das sollte uns etwas sagen. Was macht Geschichten so besonders? Geschichten sind einfacher sich zu merken und weiterzugeben. Es ist einfacher die Geschichte von Noah weiterzusagen als ein Kapitel aus dem Römerbrief aufzusagen. Auch wird Wahrheit dadurch lebendiger und greifbarer. Menschen lieben Geschichten und Charaktere, mit denen sie sich identifizieren können.
Wie kann ein Entdecker-Gespräch praktisch aussehen? Einige Beispiele
„Hey Peter, als du das gerade erzählt hast, wie sehr du dich über die Kirche aufregst, ist mir eine Geschichte dazu eingefallen, die Jesus erzählt hatte. Es waren da nämlich mal ein Mann, der wurde unterwegs ausgeraubt. Die Räuber hatten ihn halbtot liegen gelassen… Was würdest du sagen, wer war dem Mann der Nächste? Was wollte Jesus mit der Geschichte wohl sagen?“
„Lisa – ich musste daran denken, als du das gestern erzählt hast, dass du mich an eine Person aus der Bibel erinnerst. Maria – die Mutter von Jesus. Sie war damals verlobt mit Josef, aber noch nicht verheiratet. In einem Traum sagte ein Engel ihr, dass sie schwanger werden würde und… Was denkst du wollte Gott Maria dadurch zeigen?“
„Wow – das ist eine interessante Frage. Darf ich dir dazu ein Gleichnis aus der Bibel erzählen, das mir dazu einfällt? Da war ein Mann, der fand auf einem Acker eine kostbare Perle… Was denkst du warum hat der Mann alles verkauft?“
„Gestern habe ich eine spannende Geschichte in der Bibel gelesen – mich würde interessieren was du dazu denkst? Da war ein Mann der hatte zwei Söhne. Der eine Sohn wollte sein Erbe schon jetzt haben und… Wie würdest du dich als Vater fühlen, wenn dein Sohn nach so etwas zu dir zurück käme?“
(Da wo die Punkte sind geht die Geschichte natürlich weiter – der Einfachheitshalber habe ich es aber abgekürzt)
Natürlich geht es nicht darum, Gespräche zu manipulieren oder zwanghaft auf Jesus oder die Bibel sprechen zu kommen – vielmehr fließen wir förmlich über und wollen, wenn andere uns Probleme erzählen, ihnen das Beste geben was wir haben.
Mit manchen Menschen kann es mehr Zeit brauchen von normalen Gesprächen, zu tiefergehenden, zu geistlichen und schließlich zu Entdecker-Gesprächen zu kommen. Mit anderen  – wenn Gott z.B. eine Person super offen gemacht hat – kann es natürlich auch ganz schnell gehen. Immer wieder geht es deshalb darum zu hören, wo steht die Person gerade und wie kann ich ihr helfen, den nächsten Schritt zu gehen.
Hat man mehrere solche Entdecker-Gespräche geführt und merkt bei der Person ein Interesse wachsen, wäre der nächste simple Schritt zu sagen: „Ich genieße unsere Gespräche über diese Themen. Hättest du Lust, dass wir mal zusammen in die Bibel schauen und eine Geschichte lesen? Was meinst du, hätten noch andere Freunde von dir Interesse daran dabei zu sein?“ 

5 praktische Tipps, um Entdecker Gespräche zu führen:

1. Jeden Tag mehrere Kapitel in der Bibel lesen. Das scheint ein „no-brainer“ zu sein, aber nur sehr wenige lesen wirklich mehr als ein Kapitel Bibel pro Tag, geschweige denn mehr als einen Vers in der Losung. Es gibt viele gute Gründe dafür mehrere Kapitel Bibel pro Tag zu lesen, hier nur einer: Wenn wir Gott die Gelegenheit geben wollen durch uns zu sprechen, dann müssen wir selber gefüllt sein mit seinem Wort. Das führt zum zweiten Tipp.
2. Lies Geschichten der Bibel. Wenn du in der Bibel nur Stellen aus den Briefen liest, dann solltest du auch anfangen im Alten Testament und die Evangelien zu lesen. 2 Kapitel pro Tag aus dem AT und 3 aus dem NT sind ein guter Start.
3. Bitte Jesus um Inspiration. Frag Jesus vor einem Gespräch, was er tun möchte („Jesus, mit welcher Geschichte kann ich Daniela morgen ermutigen?“ und vielleicht antwortet Jesus dann: „Toll dass du mich fragst, höre ihr erstmal zu was sie erzählt und biete ihr dann Gebet für ihren Nacken an. Danach kannst du mit ihr die Geschichte von Königin Esther teilen“). Bitte Jesus auch das Herz deines Gegenübers zu öffnen. Wir gehen davon aus, dass Jesus in jedem Menschen wirkt und an unterschiedlichen Punkten arbeitet – unsere Aufgabe ist es lediglich herauszufinden, wo er gerade arbeitet und dann bereit dafür zu sein, miteinzusteigen.
4. Sei ein guter Zuhörer und stelle gute Fragen. Gespräche beginnen und werden nur tiefer, wenn wir ernsthaftes Interesse an unserem Gegenüber haben und gute Fragen stellen. Gute Fragen können z.B. sein: „Wie hat sich das angefühlt?“, „Was denkst du über die und die Sache?“ Nur so werden Menschen sich uns gegenüber öffnen und die Freiheit verspüren ehrlich mit uns zu sein. Jesus nahm sich Zeit für die Frau am Brunnen, er stellte ihr Fragen und hörte ernsthaft zu – dann sprach er Leben in sie hinein.
5. Lerne einige Geschichte auswendig, die du jederzeit weitergeben kannst. Es gibt nichts blöderes als wenn Gott eine Möglichkeit schenkt von ihm zu erzählen und uns die Worte nicht aus dem Mund kommen wollen.  Deshalb kann es sehr hilfreich sein Geschichten wie „Der verlorene Sohn“, „Jesus und die Ehebrecherin“, „David besiegt Goliath“, „Noahs Arche“  zuhause alleine oder mit einem Feedback-Partner geübt zu haben. „Wer in Friedenszeiten schwitzt, wird in Kriegszeiten weniger bluten.“ Umso mehr wir Geschichten kennen und erzählen, umso mehr werden wir Möglichkeiten entdecken, sie zu erzählen.
Jesus gebrauchte viele solche Gleichnisse, um den Leuten das Wort Gottes so zu verkünden, dass sie es verstehen konnten. Er sprach ausschließlich in Gleichnissen zu ihnen. Seinen Jüngern aber legte er alles aus, wenn er mit ihnen allein war. (Markus 4:33-34)
Bei unserer Verkündigung geht es schließlich nicht um uns, sondern um Jesus Christus, den Herrn; wir sind nur Diener – eure Diener, weil Jesus uns damit beauftragt hat. (2 Korinther 4:5)

Praktisch

Nimm dir einen Moment, um Jesus folgende Fragen zu stellen:
  • Wie kann ich das Gelernte praktisch umsetzen?
  • Welcher Person, die dir nicht nachfolgt, soll ich welche Geschichte erzählen?
  • Mit wem kann ich teilen, was ich gelernt habe?
Photo by Etienne Boulanger on Unsplash