6 Werte der Postmoderne, die die Gemeinde der Zukunft prägen werden

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Die 6 Punkte, sowie die dazu gehörende Beschreibung stammen aus dem Buch „Church 3.0“ – Kapitel 2 – von Neil Cole und wurden von mir vereinfacht zusammengefasst.
Die Welt um uns herum verändert sich stark und in der westlichen Welt hat das Postmoderne-Denken das Weltbild der Moderne überholt. Allgemein kann die Postmoderne mehr als Reaktion verstanden werden gegen den Versuch der Moderne, alles durch Logik und Verstand erklären und lösen zu wollen.
Die westliche Gemeinde kann an diesem Wechsel entweder zerschellen oder, wenn sie es schafft sich neu zu erfinden, in ihrer ganzen Schönheit neu erblühen. Viele unserer klassischen Gemeindepraktiken sind aus dem Denken der Moderne entstanden. Während nicht alles schlecht war, gibt doch es viel, was wir hinterfragen müssen und von der Postmoderne lernen können.
Folgende Werte geben Einblick in das Denken der Postmoderne:
1. Beziehung über Mission
Für die moderne Denkweise war es sehr wichtig eine Mission oder eine Aufgabe zu haben. Der Wert einer Person hing davon ab, inwiefern sie zu meiner Mission passte oder eben nicht. Passt du zu meiner Mission, kannst du mein Freund sein, wenn nicht, dann nicht.
Dieses Denken schreckt Postmoderne eher ab. Für sie sind Beziehungen wichtiger, egal ob ihr Gegenüber zu ihrer Mission passt oder nicht. Beziehung ist ein Schlüssel vieler Werte der Postmoderne. Beziehung ist z.B. wichtiger als Wahrheit, da ich nicht möchte, dass sich mein Gegenüber schlecht fühlt, wenn ich etwas sage, was ihm nicht gefällt.
Eine Mission zu haben, ist zwar nach wie vor wichtig, aber für Postmoderne eher zweitrangig und mehr; „Ich möchte etwas gutes tun“ als; „Ich setze mich genau für diese eine Sache ein.“
Um zu verdeutlichen wie wichtig Beziehungen für das Weitergeben der guten Nachricht sind, frage ich Christen, wie sie zum Glauben gekommen sind. Die meisten kamen nicht zu Jesus, weil ihnen jemand ein Traktat in die Hände gedrückt hat oder sie zufällig eine evangelistische Predigt gehört haben. Sondern weil sie jemanden kannten, einen Freund, ein Kollege auf der Arbeit, ein Familienangehöriger oder ein Mitschüler, der ihnen Jesus nahe brachte. Wenn wir Leute für Jesus erreichen wollen, warum richten wir nicht mehr Fokus auf die Beziehungen zu Menschen, die wir bereits haben?
In den USA durchgeführte Studien mit jungen Menschen zeigten, dass die wenigsten eine Kirche für geistliche Fragen aufsuchen würden. Andererseits zeigten sie, dass viele einen Christen in ihrem Bekanntenkreis haben und tendenziell sehr offen dafür wären, geistliche Gespräche (in einem normalen Setting) zu führen. Worauf warten wir da noch?
Ein Problem der früheren Generation von Christen war, dass sie sich in einer christlichen Blase bewegt haben, kaum Berührungspunkte mit „Nichtchristen“ hatten und somit auch keine Ahnung hatten, wie sie Menschen außerhalb erreichen konnten.
Die neue Generation von Jesusnachfolgern, die in einer post-modernen Umgebung groß geworden sind, haben dieses Problem meist nicht mehr und bergen in sich eine große Chance für das Königreich.
2. Authentizität über Exzellenz
Noch vor einiger Zeit tauchte überall das Wort Exzellenz auf. Bestleistung, die uns von anderen emporhebt, war gefragt und angestrebt.
Zwar sind exzellente Leistungen nach wie vor gefragt, aber nicht mehr auf dem gleichen Stellenwert. Zu häufig haben sich Menschen hinter einer professionellen Maske versteckt, hinter der sie aber in Wirklichkeit kaum Tiefgang vorzuweisen hatten.
Postmoderne können schon von weitem riechen, wenn jemand „nicht echt“ ist. Sie tragen eine Sehnsucht nach echten Erfahrungen in sich, fernab von einer künstlich-perfekten Welt. Während der größte Fehler in der Moderne war, falsche Informationen zu verbreiten, so ist es in der Postmoderne, so zu tun als wäre man jemand, der man in Wirklichkeit nicht ist.
Dieser Wert entspricht dem Herzen Gottes und gibt uns die einmalige Möglichkeit einer Welt voller Trug, Lügen und Oberflächlichkeit, echtes Leben zu zeigen.
3. Erfahrung über Logik
Das Denken der Moderne war geprägt vom Verstand und Logik. Wer gehört werden wollte, musste seine Argumente klug und verständlich vorbringen.
Heute wollen junge Leute nicht nur wissen, was richtig ist, sie wollen es erleben. Hexerei und das Okkulte sind auf dem Vormarsch. Menschen haben eine Sehnsucht nach Erfahrungen mit dem Übernatürlichen und es reicht ihnen nicht aus, einfach einen Vortrag darüber zu hören. Wissenschaftlich ist genau erklärbar, wie schädlich Drogen sind, aber trotzdem nimmt der Konsum stetig zu. Menschen sind sehr offen für Drogen, östlichen Religionen oder sexuelle Experimente, in der Hoffnung dort echtes Leben spüren zu können.
Damals galt die Reihenfolge; zuerst glauben, dann sich richtig verhalten und dann kannst du dazugehören („believe, behave, belong“). Heute brauchen wir ein neues Muster, indem Menschen, zuerst dazugehören können, dann ihr Verhalten ändern und schließlich zu glauben beginnen („belong, behave, believe“).
Der Postmoderne sagt: „Wenn ich es nicht sehen, riechen, schmecken, berühren kann, ist es nicht echt.“ Das ist ein Ruf für uns, Menschen, die Lebendigkeit des Glaubens in unseren Gemeinschaften erleben zu lassen, damit sie sehen können, dass die Worte Jesus wirklich Kraft haben, und nicht nur einfach tote Worte sind.
Es gab eine Zeit in der Gemeinde, da wurden Menschen, die besondere Erfahrungen suchten, verurteilt, lediglich ihre Gefühlswelt befriedigen zu wollen. Persönliche Gefühle galten als nicht vertrauenswürdig und hatten in einer Welt aus Dogmen und Glaubenssätzen einen geringen Stellenwert. Natürlich reicht ein Glaube, der nur auf Erfahrung gegründet ist, nicht aus. Aber ein Glauben, der keine Erfahrungen vorzuweisen hat, ist ebenfalls fragwürdig (Jakobus 1:21-27).
Wir müssen den christlichen Glauben aus der Bibliothek und auf die Straße holen. Jesus starb nicht für uns, damit wir Glaubensargumente gewinnen und unser Leben lang Predigen hören können, sondern damit unser Leben als Licht in eine dunkle Welt scheinen kann.
4. Geheimnis über Lösung
Das Denken der Moderne liebte es, Fragen richtig zu beantworten und für jedes Probleme gab es eine Lösung und eine Methode. Doch mit allen neuen Antworten und Lösungen, kamen auch neue Fragen und Probleme auf, die man nicht so leicht beheben konnte.
Heute sind wir es Leid neue Lösungen und die „10 Schritte zum Erfolg“ präsentiert zu bekommen, die sich kurze Zeit später wieder als falsch erweisen. Unser Vertrauen in Ärzte, Journalisten, technische Organisationen, Wissenschaftler oder Politiker ist durch immer neue Skandale zutiefst erschüttert worden. Wer sagt uns, dass sie nicht einer bestimmten Agenda folgen und uns manipulieren wollen?
Der Postmoderne findet das Geheimnis spannender als die vorgefertigte Lösung. Nicht das Ziel, sondern der Weg dorthin, weckt neuerdings unser Interesse.
Das Evangelium hat viel geheimnisvolles in sich. Wir können Gott nicht genau erklären und das ist auch gut so. Ihn zu entdecken und eine Beziehung mit ihm zu führen ist eine spannende Reise voller Erfahrungen. Diese Werte waren immer schon Teil des Evangeliums – nur waren sie in der modernen Zeit – in der alles erklärbar und messbar war – verschüttet.
5. Vielfalt über Einheitlichkeit
Während die Moderne geprägt von Gleichförmigkeit war, so wirkt für einen Postmodernen ein Treffen, in denen nur weiße Menschen der Mittelklasse oder ausschließlich Afrikaner zugegen sind, suspekt und nicht einladend. Mehr als tolerant zu sein, wollen sie Vielfalt erleben.
Das Königreich ist das beste Beispiel von Vielseitigkeit das es gibt. Menschen aus allen Sprachen, Nationen und Stämmen werden zusammen kommen, um Jesus anzubeten. Wenn völlig unterschiedliche Menschen in kleinen Gruppen zuhause geistliche Familien bilden, hat das für eine Postmoderne Welt echte Strahlkraft.
Eine solche Gemeinde ist attraktiv für jemanden, der auf der Suche ist nach tiefen Beziehungen mit echten Menschen, in einem Setting das Erfahrungen zulässt und Vielfalt lebt. Das wird die Gemeinde der Zukunft sein.
6. Weg über Ziel
Das fertige Resultat – das Endprodukt – war im Denken der Moderne das was zählt. Der kreative Entstehungs- und Entwicklungsprozess dahinter nicht so sehr. Auch das ändert sich im Denken der Postmoderne.
Traditionell wurde das Königreich Gottes ebenfalls als „einmaliges“ Geschenk gesehen, als Entscheidung, die man einmal trifft und dann fertig ist. Aber die Bibel beschreibt das Leben in Gottes Reich als Prozess. Unsere Botschaft muss mehr sein als ein Ticket zum Himmel, wenn wir irgendwann sterben, sondern vielmehr schon hier und jetzt in seinem Königreich zu leben. Es geht darum in einem lebenslangen Lernprozess zu sein, indem wir Jesus immer ähnlicher werden.
Ich glaube unsere Gemeinden werden viel gesünder, wenn wir aufhören, ausschließlich auf einmalige Entscheidungen für Jesus Wert zu legen, sondern vielmehr auf den Prozess, so wie er zu werden. Wenn wir neue Leiter suchen, sollten wir mehr auf ihren bisherigen Prozess – ihren Wachstums-Modus – achtgeben, als primär auf die Erfüllung einmlaiger Qualifikationen.

Praktisch:

Nimm dir kurz Zeit um Jesus zu fragen:
Hören: Was möchtest du mir durch das Gelesene sagen?
Tun: Was möchtest du, dass ich tue?
Teilen: Mit wem kann ich darüber reden? Wem kann ich das Gelesene weitergeben?
Bild von Pixabay
2021-03-20T18:50:41+01:00
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