Das Buch „Family Revision“ von Jeremy Pryor ist ein super interessantes und inspirierendes Buch über Familien im Reich Gottes. Auf 180 Seiten beschreibt er, wie wir in der westlichen Welt die biblische Stärke der Familie als generationsübergreifendes Familien-Team verloren haben und wie wir sie ganz praktisch wieder entdecken können.
Jeremy Pryor selber weiß worüber er schreibt. Er ist verheiratet und Vater von fünf Kindern. Gemeinsam mit seiner Familie lebt er in Cincinnati, USA, wo sie mehrere Businesse aufgebaut haben und eine Hausgemeinde-Bewegung betreuen (die das Ziel hat in jeder Region 1000 Haushalte zu befähigen, als Familie missionarisch zu wirken). Daneben ist er als Speaker und Autor der Organisation „Family Teams“ unterwegs.
Als jungen Vater mit vielen Fragen, wie man als Familie missionarisch unterwegs sein kann, ohne ungute Kompromisse einzugehen, hat mich das Buch natürlich sehr angesprochen. Nachdem ich es in einer Woche im Eiltempo durchgearbeitet, es bereits in meine persönliche Top-3 der prägendsten Bücher aufgenommen und nun mit mit Leuten aus „meinem Haushalt“ noch einmal lese, dachte ich, es ist an der Zeit, es auch hier zu teilen. Ich werde einen kleinen Einblick in die ersten beiden Kapitel geben und weitere Themen des Buches in zukünftigen Blogposts (hier) veröffentlichen.
Das Buch – in einer verkürzten Online-Version – lässt sich übrigens hier kostenlos auf Englisch finden.
Los gehts:
Was die typische westliche Familie ausmacht ist die extrem hohe Betonung der Individualität. Der Sohn spielt Fußball, die Tochter tanzt, Mutter hat ihren Buchclub und Papa geht golfen. Die Familie wird als Sprungbrett für ein erfolgreiches Leben der Mitglieder gesehen und hat nach dem Auszug der Kinder gewißermassen ausgedient. Im besten Fall bleibt man sporadisch in Kontakt und die Eltern können fortan ihre goldene Zeit ohne Kinder genießen. Häufiges Thema der heranwachsenden Kinder ist es, „sich selber zu finden“ und häufig wird diese Frage nicht in der Familie, sondern von Gleichaltrigen beantwortet.
Das klassische Familienmodell, das in vielen Kulturen der Welt immer noch vorherrschend ist, sieht gänzlich anders aus. Hier wird der individuelle Erfolg davon bestimmt, das Wohl der Familie höher zu stellen. Zudem zeigt sich der Erfolg der Familie erst generationsübergreifend – sprich über mehrere Generationen hinweg. Die Hauptaufgabe der momentanen Generation ist es, die Ressourcen der Familie zu verwalten, zu erweitern und an die nächste Generation weiterzugeben. Jeder Einzelne findet seine Identität innerhalb der Familie, als Sohn, Vater, Tochter, Mutter.
Dieses Denken lässt sich in nahezu allen Zivilisationen zu allen Zeitepochen finden und entstand ganz praktisch daraus, dass man begrenzte Ressourcen zur Verfügung hatte und aufeinander angewiesen war, um zu überleben. Die klassische Familie war quasi gezwungen miteinander zu kooperieren und das Schicksal des Einzelnen war untrennbar verbunden mit dem Erfolg und der Stärke der Familie. Durch den erhöhten Wohlstand, der es westlichen Staaten ermöglichte sich z.B. um Kinder und Alte zu kümmern, so dass die Familien es nicht mehr mussten, veränderte unsere Familien-Kultur drastisch.
Beide Sichtweisen – die klassische und die westliche – haben Stärken und Schwächen und es gilt für uns in der Bibel zu entdecken, wie Gott sich Familie vorgestellt hat. Das biblische Vorbild ähnelt aber tatsächlich mehr dem der klassischen Familie und präsentiert quasi eine erlöste Form des klassischen Familie – Jeremy nennt diese Form das „Familien-Team“.
Im Buch wird anhand von 7 Werkzeugen, das biblische Familienbild vorgestellt und praktische Wege aufgezeigt, wie Familien darein wachsen können. Das erste Tool ist es, den Wert der Familie zu verstehen.

Der Wert der Familie

Im Westen findet häufig ein Kampf der Prioritäten statt. Christliche Leiter versuchen ihren Dienst, ihre Arbeit, ihre Beziehung zu sich selber, zu Gott und zu ihrer Familie gut zu balancieren und kommen dabei häufig an ihre Grenzen. Tatsächlich wurde die Familie von unserem Erfolgsdenken so sehr ausgeklammert, so dass heute jemand der 100 % auf der Arbeit gibt und dabei seine Familie vernachlässigt, dennoch als erfolgreich gelten kann. Kommt ein lukratives Karriereangebot fühlt sich der Vater häufig hin- und hergerissen; Will er, dass seine Familie darunter leidet, oder soll er darunter leiden, die Aufstiegschance verpasst zu haben?
Der Schlüssel zu diesem Dilemma, so Jeremy, liegt nicht in einer ausgewogenen Work-Life-Balance, sondern zuerst in unserer Identität. So sieht sich ein Vater der klassischen Familie nicht zuerst als Individuum und die Familie als Teilbereich seines Lebens, vielmehr er ist untrennbar mit der Familie verbunden und setzt das Interesse seiner Familie über das eigene. Dementsprechend sieht der Vater alles aus einer Familienperspektive. Anstelle zu fragen; „Was bringt mir das?“, fragt er sich: „Wie wird meine Entscheidung meine Kinder und Enkel beeinflussen?“ Beruft Gott den Vater zu einem gewissen Dienst, so ruft er auch dessen Frau und die Kinder mit hinein.
Das vorherrschende Beispiel des Neuen Testaments ist das des mittellosen Single-Wanderpredigers und verwirrt Familien, die nach Antworten im Neuen Testament suchen, wie man als Familie im Königreich unterwegs ist. Die Charaktere des Neuen Testaments waren jedoch vom Familienbild des Alten Testaments geprägt und fanden dort ihre Vorbilder und Antworten, als Familie „on Mission“ zu sein, z.B. Abraham, das Loblied der Frau aus Sprüche 31, die Geschichte Ruths, etc.
Aber auch im Neuen Testament lassen sich zahlreiche Beispiele finden, die die Wichtigkeit von Familie unterstreichen. Jesus rügt die Pharisäer, die das fünfte Gebot, Vater und Mutter zu ehren aushebeln wollen, arbeitet selber lange Jahre als Zimmermann um seine Familie zu versorgen und befiehlt am Kreuz Johannes, sich weiter um seine Mutter zu kümmern. Paulus ermahnt Timotheus in 1 Tim 5:8: „Denn wenn sich jemand nicht um seine Angehörigen kümmert, vor allem um die, die unter einem Dach mit ihm leben, verleugnet er den Glauben und ist schlimmer als jemand, der nicht an Christus glaubt.“
Hat eine Familie ihren biblischen Wert erkannt, so werden beispielsweise auch neue Kinder nicht als Bedrohung der Geschwister gesehen – „Der nimmt meinen Platz weg“, sondern als Bereicherung für das ganze Team – ein Team, das lebenslang wichtig und produktiv ist. Eltern nehmen darin die Rolle des Coaches und Trainers ein, die das volle Potenzial ihres Teams entfalten wollen.
Folgende fünf Wege, sind praktische Beispiele, um den Teamgeist der Familie zu fördern:
• Sprache: Die Sprache erschafft Kultur und Realität. Die Pryors reden über sich als „Team Pryor“ und beziehen die Erlebnisse, Einzelner auf die ganze Familie. Wenn z.B. ein Kind in einem Spiel ein Punkt erzielt hat, sagen sie „Strike für unser Team – Wir haben einen Punkt gemacht!“
• Teamerfahrungen schaffen: Sie überlegen, wie sie gemeinsame Team-Erfahrungen schaffen können. Z.B. haben sie als Familie überlegt, welche Sportart sie zusammen machen können und so angefangen Tennis im Doppel zu spielen. Dadurch können sie nicht nur Zeit gemeinsam verbringen, sondern sind darin aufeinander angewiesen und lernen sich durch die gemeinsame Aktivität auch besser kennen. Andere Beispiele können sein, gemeinsam Wandern zu gehen, gemeinnützige Projekte oder Missionseinsätze zu machen, usw.
• Feedback-Kultur: Die Pryors haben immer wieder Feedback-Runden, wo sie gemeinsam Erlebtes, z.B. einen schwierigen Tag oder eine erfolgreichen Aktion, besprechen und reflektierten, um sich so zu verbessern.
• Das Gefühl gebraucht zu werden: Da sie wollen, dass alle sich als wertvolle und aktive Mitglieder des Teams sehen, sind sie bemüht darum, die Gaben und Fähigkeiten jedes Einzelnen zu entdecken, sie gewinnbringend einzusetzen und sie zu feiern.
Die westliche Kultur ist aufgebaut, um den Einzelnen von seiner Familie zu trennen. Um das zu durchbrechen und Familie nicht länger als Teilbereich, sondern als die zentrale Umgebung zu sehen, in der wir unser gesamtes Leben leben, braucht es einen wirklichen Paradigmenwechsel. Anstelle von Work-Life-Balance brauchen wir ein komplettes Wieder-Entdecken des Lebens als Familie. Wie ist das praktisch möglich? Indem wir uns alle Teilbereiche unsers Lebens anschauen – Arbeit, Hobbys, Freundschaften, Lernen, etc. – und anfangen möglichst viele mit, in, durch und als Familie zu machen. Das ist eine echte Herausforderung und die Umstellung kann Jahre dauern, so Jeremy, dennoch ist dieser Weg lohnenswert und bringt uns Gottes Ideal für Familie und sein Reich näher.

Gute Zitate:

„Coaches in our culture are highly respected and even revered. On the other hand, dads today are so often mocked, disrespected and demeaned by our culture… Coaches are expected to spend many hours every week training their players. Dads are expected to be distracted by their work and hobbies and, at best, try to find some time to spend with the family when it’s convenient. Isn’t it crazy that we expect so much more out of a coach than out of a dad? But families are teams and dads are their coaches. Next time you meet a dad, instead of saying something like, “How’re the wife and kids?” try saying, “How’s your team doing?” (S. 44)
„If an activity comes with the label “no wives or kids allowed,” maybe that’s more of a single man’s activity. I’m always a father, not just on evenings and weekends. I’m a father and husband everywhere I go and in everything I do. Sure people are confused at first when I bring one or more of my kids to board meetings and pause to explain something to them… but I believe all these decisions were made when I chose to be a husband and father.“ (S. 60)
„Families are not only an extension of our lives as individuals, but they are also an extension of the thousands who have come before us and the possible thousands who will come after us. Compared to their collective needs, our momentary wishes become much smaller.“ (S. 50)
Um diesen Blogeintrag nicht zu überfrachten, setze ich hier einen Punkt. Im Buch geht es in den weiteren Kapiteln dann weiter, was die einzelnen Rollen der Familie ausmacht, warum und welche Strukturen, Traditionen und Rhythmen für Familien wichtig sind, wie man als Familie eine Vision findet, miteinander Gottes Mission verfolgt, Wege, um finanziell unabhängiger zu sein und einiges mehr.

Praktisch:

Nimm dir kurz Zeit um Jesus zu fragen:
Hören: Was möchtest du mir durch das Gelesene sagen?
Tun: Was möchtest du, dass ich tue?
Teilen: Kann ich etwas hieraus jemanden weitergeben?