Der folgende Artikel stammt aus dem Buch: „Ansteckende Jüngerschaft“ von David und Paul Watson, herausgegeben von David Schäfer im Movement-Verlag.
In den meisten Gemeinden ist Jüngerschaft heutzutage ein Schulungsprozess, bei dem neue Gläubige eine Orientierung erhalten sollen über die biblischen Ansichten und Traditionen der Gemeinde. Selbst in extrem bibelorientiertem Material liegt der Schwerpunkt darauf, Gottes Willen zu kennen. Man wird mitunter zum Gehorsam angehalten, aber es fehlt die persönliche Begleitung. Man hat die falsche Vorstellung, dass Menschen nur wissen müssen, was richtig ist, um es auch zu tun. Aus Erfahrung wissen wir eigentlich, dass das nicht stimmt, aber wir handeln trotzdem danach.
Die Wurzel der Jüngerschaft ist die Beziehung zu Jesus, der unser Herz, unsere Gedanken und unser Tun in seinem Sinne verändert. Durch die Beziehungen der Jünger untereinander – vor allem zwischen reifen und jungen Christen – wird die persönliche und gemeinsame Weiterentwicklung gefördert. Jüngerschaftsbeziehungen haben einen positiven Einfluss auf alle Lebensbereiche und alle Beziehungen in der Familie, in der Region, in Wirtschaft und Regierung.
Natürlich wird im Jüngerschaftsprozess auch Wissen vermittelt, aber das ist nicht der entscheidende Aspekt. Jünger wissen nicht nur, was ihr Meister von ihnen verlangt, sondern sie tun auch in jeder Situation und unabhängig von den Folgen das, was der Meister von ihnen verlangt. Nicht jede Art von Situation wird von der Bibel beschrieben, aber es finden sich alle Prinzipien, die Jünger in ihrem Alltag umsetzen können. Die biblischen Prinzipien und Gottes Willen zu verstehen, sind im Jüngerschaftsprozess unerlässlich.
„Mentoring meint die bewusste Beziehung zu anderen, durch die alle in ihrer Jüngerschaft wachsen – dem Prozess, bei dem Wissen in Weisheit verwandelt wird.“
Junge Christen und Noch-nicht Christen haben Mühe, die Prinzipien für die vielfältigen Situationen zu erkennen, in denen sie sich befinden. Sie brauchen den Einfluss von reifen Christen in ihrem Leben und sie brauchen eine Beziehung zu diesen reifen Christen, um alle Lebensbereiche durchzusprechen, sich mit Problemen und sündhaftem Verhalten auseinandersetzen zu können und an der Lebenserfahrung der anderen zu reifen, wenn Weisheit das Wissen ersetzt. (Weisheit führt dazu, das zu tun, was richtig ist. Weisheit setzt Wissen voraus, aber Wissen ist nicht immer Weisheit.)
Mentoring meint die bewusste Beziehung zu anderen, durch die alle in ihrer Jüngerschaft wachsen – dem Prozess, bei dem Wissen in Weisheit verwandelt wird. Mentoren helfen neuen Gläubigen, die Bibel kennenzulernen und den schmalen Pfad zu gehen, den die Bibel vorgibt. Mündige Christen müssen Mentoren werden, um weiterhin in ihrer eigenen Jüngerschaft zu wachsen.
Eine Gemeinde ohne Jüngerschaft ist verloren. Menschen, die noch nicht glauben, und neue Gläubige haben keine Vorbilder, denen sie folgen können, und keine mündigen Christen, die sie in ihrer Jüngerschaft unterstützen. Reife Christen haben niemanden, in den sie sich investieren können, und hören in der Folge auf, weiter zu wachsen.
Das Mentoring in einer Jüngerschaftbeziehung ist eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. Wer den Schritt des Glaubens erst noch gehen muss oder erst seit kurzem glaubt, hat ein mündiges Vorbild, das sich in ihn investiert und zur Verantwortung zieht. Mündige Gläubige haben jemanden, der ihnen die schwierigen Fragen stellt und den Status Quo hinterfragt und sie so herausfordert, weiterhin zu lernen und sich weiterzuentwickeln.
Wenn es solche Beziehungen in unseren Gemeinden nicht gibt, haben wir Verlierer auf allen Seiten. Wer noch nicht glaubt oder gerade erst damit begonnen hat, findet keine Vorbilder, niemand gibt ihm weise Ratschläge, niemand hält ihn an dranzubleiben. Mündige Gläubige haben niemanden, der sie herausfordert, neues Wissen zu erlangen und in der Weisheit zu wachsen, wenn Wissen umgesetzt wird in Einstellungen und Tun. Sie haben auch niemanden, der sie beobachtet und dadurch herausfordert, noch mehr nach Gottes Maßstäben zu leben, oder der sie in die Pflicht nimmt, da zu sein, hinzugucken und Fragen zu stellen.
Jeder Christ sollte sowohl andere begleiten, als auch begleitet werden. Wenn Jünger mündig werden, merken sie, dass ihre Mentorenbeziehungen sich immer stärker auf der gleichen Augenhöhe abspielen, sodass sie voneinander lernen und sich in Gehorsam und Zielen zu neuen Höhenflügen anspornen.
„Jeder Christ sollte sowohl andere begleiten, als auch selber begleitet werden.“
In der Metoring-/Jüngerschaftsbeziehung ist kein Bereich tabu: Es geht um die Beziehung zu Gott, zur Familie, zum Umfeld und zur Gemeinde, zur eigenen Berufung und zur Arbeit und auch zu uns selbst, die wir uns geistig, geistlich, emotional und körperlich weiterentwickeln. Wir müssen Fragen stellen und Antworten geben, sodass Denken und Tun deutlich werden. Beide sollten einen so engen Kontakt pflegen, dass sie ihren jeweiligen Lebensstil überprüfen können.Worte sind gut, aber zu sehen wie aus Worten Taten werden, ist die Grundlage für den Mentoring-/Jüngerschaftsprozess. Wenn derjenige, der zu Jüngern macht, nie bei dem Jünger zu Hause ist oder ihn nie außerhalb eines Schulungskonzepts erlebt, besteht keine Mentoring-/Jüngerschaftsbeziehung. Dann besteht nur eine Beziehung zwischen Lehrer und Schüler, die den Wissensfluss ermöglicht, aber keine Jüngerschaft.
Mentoring und Jüngerschaft sind dasselbe. Zusätzlich zur Wissensvermittlung erfordern sie eine Beziehung und Verbindlichkeit. Sie führen dazu, dass aus Wissen Weisheit wird – was bedeutet aufgrund des eigenen Wissens und der Erfahrung die richtigen Entscheidungen zu treffen und das Richtige zu tun. Die Bibel formuliert es folgendermaßen:
Hört euch diese Botschaft nicht nur an, sondern handelt auch danach; andernfalls betrügt ihr euch selbst. Denn wer sich Gottes Botschaft zwar anhört, aber nicht danach handelt, gleicht jemand, der sein Gesicht im Spiegel betrachtet und der, nachdem er sich betrachtet hat, weggeht und sofort wieder vergisst, wie er ausgesehen hat. Wer sich jedoch in das vollkommene Gesetz vertieft, das Gesetz der Freiheit, und es ständig vor Augen hat, wer also das Gehörte nicht vergisst, sondern es in die Tat umsetzt, der ist glücklich zu preisen, denn er wird gesegnet sein bei allem, was er tut. (Jakobus 1:22-25)
Ich schreibe diese Dinge nicht, um euch in Verlegenheit zu bringen. Ich möchte euch nur wieder auf den richtigen Weg führen. Schließlich seid ihr doch meine geliebten Kinder! Denn selbst wenn ihr Tausende von Erziehern hättet, die euch in eurem Christsein voranbringen, hättet ihr deswegen noch lange nicht tausend Väter. Dadurch, dass ich euch das Evangelium verkündet und euch zum Glauben an Jesus Christus geführt habe, bin ich euer Vater geworden. Daher bitte ich euch eindringlich: Folgt meinem Beispiel! Um euch dabei zu helfen, habe ich Timotheus zu euch geschickt, den ich liebe, als wäre er mein eigener Sohn, und der mir ein zuverlässiger Mitarbeiter in meinem Dienst für den Herrn ist. Er wird euch die Grundsätze in Erinnerung rufen, nach denen ich meinen Weg mit Jesus Christus gehe und die ich überall, in jeder Gemeinde, lehre. (1 Korinther 4:14-17)
Er wird euch die Grundsätze in Erinnerung rufen, nach denen ich meinen Weg mit Jesus Christus gehe und die ich überall, in jeder Gemeinde, lehre.
Ja, Geschwister, ihr seid von Gott geliebt; wir wissen, dass er euch erwählt hat. Das wurde schon damals deutlich, als wir euch das Evangelium verkündeten: Gott redete nicht nur durch unsere Worte zu euch, sondern auch durch das machtvolle Wirken des Heiligen Geistes und durch die große Zuversicht, die uns erfüllte, sowie überhaupt durch unser ganzes Verhalten euch gegenüber, das euch zeigte, dass es uns um euch ging und nicht um uns selbst. Und ihr habt das Evangelium auch wirklich angenommen, obwohl ihr schweren Anfeindungen ausgesetzt wart, und habt diese mit einer Freude ertragen, wie nur der Heilige Geist sie schenken kann. Damit seid ihr unserem Beispiel und dem Beispiel des Herrn gefolgt und seid selbst zu einem Vorbild für alle Gläubigen in den Provinzen Mazedonien und Achaia geworden. Ja, von eurer Gemeinde aus hat sich die Botschaft des Herrn in ganz Mazedonien und Achaia verbreitet, und nicht nur dort: Es gibt inzwischen kaum noch einen Ort, wo man nicht von eurem Glauben an Gott gehört hätte. Wir brauchen gar nichts mehr darüber zu sagen; überall redet man davon, was für eine Wirkung unser Besuch bei euch gehabt hat. Die Leute erzählen, wie ihr euch von den Götzen abgewandt und dem lebendigen und wahren Gott zugewandt habt, um ihm zu dienen und auf seinen Sohn zu warten, der vom Himmel zurückkommen wird – auf Jesus, den er von den Toten auferweckt hat und der uns vor dem kommenden Gericht rettet. (1 Thessalonicher 1:4-10)
Erinnert euch immer wieder an die, die einst die Verantwortung für eure Gemeinde trugen und euch die Botschaft Gottes verkündeten. Haltet euch vor Augen, wie sie Gott bis ans Ende ihres Lebens vertrauten, und nehmt euch ihren Glauben zum Vorbild. Denn Jesus Christus ist immer derselbe – gestern, heute und in alle Ewigkeit. (Hebräer 13:7-8)
Wir wünschen uns, dass durch Mentoring und Jüngerschaft Männer und Frauen Gottes geprägt werden, die Menschen zu Jüngern machen und andere darin schulen, Menschen zu Jüngern zu machen, Gemeinden zu gründen und wiederum andere zu schulen, Gemeinde zu gründen, Jüngerschaftsbewegungen anleiten und auch andere darin schulen Jüngerschaftsbewegungen anzuleiten. Aber wie bereits gesagt: Jüngerschaft ist mehr als eine Aufgabe – Jüngerschaft ist ein Lebensstil. Man „erledigt“ Jüngerschaft nicht, sondern lebt ein Leben als Mann oder Frau, der oder die andere zu Jüngern macht – was bedeutet, dass wir Mentoren sind und Mentoring beginnt mit uns selbst.
Quelle: „Ansteckende Jüngerschaft“ – http://www.movement-verlag.de/